Ein Rückblick - Counterstrike (Teil 1)

Ein Rückblick - Counterstrike (Teil 1)

09 Juli 2020 Mathias CS:GO

Das 20-jährige Jubiläum haben wir mittlerweile hinter uns gelassen. Im Sommer 1999 war es, als Counter-Strike erstmals als Mod von Half-Life in den Medien auftauchte. Zwei Hobby-Entwickler namens Minh Le (Tag: "Gooseman") und Jess Cliffe ("cliffe") waren maßgeblich an der Umsetzung beteiligt. Sie verhalfen dem auf kurzweiligen Runden basierenden Genre auf die große Bühne. Vorbei war die Zeit des Solo zockens gegen immer gleich agierende Monster. In Counter-Strike traf man nun ausschließlich auf klug agierende und eingespielte menschliche Gegner.

Sollte es auf dieser Welt noch jemanden geben, der das Spielprinzip noch nicht kennt, werde ich es kurz erläutern. Alle anderen Interessierten dürfen jetzt vorspulen. Wir schließen uns einer der beiden Teams an. Den Terroristen oder der Antiterroreinheit. Ursprünglich standen uns nur zwei Szenarien zur Auswahl. Befreie die Geiseln oder entschärfe eine Bombe. Das waren die Aufgaben der "CT", der Counter-Terrorists. Als Terrorist spielte man in der gleichen Zeit dagegen an. Also Geiseln bewachen oder die Bombe legen und verteidigen. Das ganze spielte sich mit einem Zeitlimit von fünf Minuten auf einer nicht allzu großen Karte ab, welche meist zwei bis drei Wege bot, um zum Zielort zu gelangen. Dort angekommen bezog das Team seine Position. Jeder Spieler startet mit vollen Lebenspunkten und ohne Ausrüstung. Durch erfüllen der Ziele erhält das Team Geld, dass in bessere Ausrüstung investiert werden kann. Die Verlierer der letzten Runde erhalten deutlich weniger Geld und müssen daher oft sparen, bis sie das gleiche Niveau erreicht haben. Man kann aber auch Waffen von Gegnern erbeuten oder von Teammitgliedern geschenkt bekommen. Nach einer festgelegten Anzahl Siegen oder abhängig von Zeitlimits, tauschen beide Teams die Seiten und spielen ihrerseits nun als Terroristen bzw. Counter-Terrorist.

Auf öffentlichen Servern war die Größe eines Teams von den Einstellungen des Admins abhängig. Im professionellen eSports ging es meist vom 1 vs. 1 bis zum 5 vs. 5. Diese Einschränkungen sorgten für eine unglaubliche taktische Tiefe. Wie in der Realität wurden Schlachtpläne ausgearbeitet. Wo sind die besten Verteidigungspositionen? Wie reagieren wir im Fall X? Da sich die Szenarien nicht ändern, besteht die einzige Möglichkeit für bessere Erfolge in der Ausarbeitung spezieller Taktiken. Zugeschnitten auf das gegnerische Team, deren Verhaltensweisen und den Stärken des eigenen Teams.

Neben der optimalen Platzierung der eigenen Kameraden, stehen da die Waffen und das Aiming im Vordergrund. Aiming (dt. "zielen") ist der zentrale Bestandteil eines jeden Shooters. Auf professioneller Ebene ist es zudem essentiell wichtig eine perfekte Hand-Augen-Koordination zu haben. Fehlschüsse kann man sich hier nicht leisten. Das Problem ist nun, dass auch andere Spieler immer besser wurden. Es rückte also ein ganz besonderer Punkt in den Fokus. Die Hitbox. Selbst im Dauerfeuer kann man irgendwann einen Gegner zu Boden bringen. Ziele auf den größten Körperbereich und er wird schon umfallen. Gute Spieler haben aber, neben ihrer Equipment auch das passende Movement. Strafen nennt man das. Das hin und her bewegen während man selbst versucht den finalen Schuss zu platzieren. Bis man dort über Körpertreffer einen Gegner erledigt hat, ist man schon selbst horizontal auf der Karte gelegen.

Als das ultimative eSport Spiel wird Counterstrike zusammen mit einigen anderen Titeln auch für Wett-Anbieter und Online eSport Wetten interessant die sich bis dahin nur auch Traditionelle Sportarten konzentriert hatten. eSports wurden als aussichtsreich erkannt, vor allem in Asien kann man die rapide Entwicklung der Popularität der elektronischen Wettkämpfe beobachten.

Die Waffen

Der Fokus des Shooters liegt also auf der unvorhersehbaren Bewegung in Kombination mit dem Zielen auf die richtige Hitbox. Und die, so kennen wir es schon aus Filmen, ist der Kopf. Headshot! Hat man auch dieses Unterfangen gemeistert, bleibt eigentlich nur noch die Waffenwahl. Neben etwas Rüstung und einigen Granaten, mit denen man Gegner blenden, einnebeln oder verletzen kann, gibt es ein Arsenal an Schusswaffen. Diese sind echten Kriegswaffen nachempfunden. Zu den bekanntesten gehören wohl das M4A1 und die AK-47, welche noch heute als typische Terroristenwaffe überall zu sehen ist. Echte Künstler aber, schwörten damals auf die Kombination Desert Eagle und AWP, dem Scharfschützengewehr. Dazu noch das kleine Messerchen für die unvorsichtigen Gegner im Nahkampf und schon war der Hassgegner geboren. Oft genug erwischte es unsereins wie aus dem Nichts.

Aber zurück zur Geschichte. Unsere beiden Entwickler hatten mit der Mod so viel Erfolg, dass sie vom Half-Life Hersteller Valve angeworben wurden und Counter-Strike danach als eigenständiges Spiel unter Sierra Entertainment veröffentlicht wurde. In den folgenden Version wurden die Modelle und Grafiken verbessert und die Spieler konnten ingame kommunizieren. Mit der Version 1.4 wurde das Spiel in Steam integriert und enthielt nun auch das Anti-Cheat System VAC (kurz für "Valve Anti-Cheat). Auch wenn es noch lange nicht ausgereift war, war es doch längst überfällig. Denn immer mehr Spieler beschwerten sich über Cheater (dt. "Betrüger"), welche den Spielspaß verderben, indem sie computergestützte Programme einsetzten, die ihnen unter anderem ermöglichten Spieler durch Wände hindurch zu sehen ("Wallhacks") oder die ihnen dabei halfen, automatisch auf den Kopf zu zielen ("Aimbot"). Außerhalb der professionellen Szene sorgte VAC für etwas Beruhigung, da es viele solcher Programme erkannte und den Spieler dann vom Server oder gar von dem Spiel ausschloss ("bann"). Im eSports setzte man zudem auf zusätzliche Überwachung. Teilnehmer an Turnieren oder der ESL ("Electronic Sports League") mussten zusätzlich zum VAC, Spielaufzeichnungen machen und hochladen. Gab es Proteste von Teams, wurden diese auf verdächtige Verhaltensweisen geprüft.

Der Erfolg von Steam

Die finale Counter-Stike Version 1.6 ist nur noch unter Steam spielbar gewesen. Nettes Monopol. Es beinhaltete alle vorherigen Versionen, sowie neue Waffen, Maps und ein Schutzschild für die CT-Einheit. Nettes Gimmick zu Beginn war auch die Ingame-Werbung. Dabei kriegt man auf der Karte Werbebanner an Wänden angezeigt, etwa für ein neues Spiel.

Gute zehn Jahre hielt sich das klassische Counter-Strike in der Gunst der Spieler. Mit oft 200.000 gleichzeitig aktiven Spielern. Erst 2011 wurde Team-Fortress, das ab dann kostenlos wurde, beliebter. Und kurze Zeit später erschien mit Counter-Strike: Global Offense (kurz CS:GO) ein Nachfolger, der wieder auftrumpfen konnte. Bis dahin war aber das alte CS am Drücker. Gehyped durch viele Special-Events und große Turniere. 2001 schon wurde es offizielles Turnierspiel bei der CPL World Championship eingesetzt. Es gab viele internationale Turniere und Ligen, teils mit irrsinnigen Preisgeldern. 2006/2007 wurden schon über eine Million Dollar an Preisgeldern an die Teams ausgeschüttet.

In Verruf geraten

Die mediale Öffentlichkeit blieb nicht ohne Folgen. Anfang des Jahrtausends gab es eine Reihe von Amokläufen. Der Amoklauf von Erfurt erschütterte auch die deutsche Community. Keine Frage, solche Ereignisse sind schrecklich und sollen nicht verharmlost werden. Doch die Bundesprüfstelle für jugendgefährdende Medien (kurz "BpjM") und einige Politiker gingen zu weit, als sie behaupteten, Counter-Strike wäre ein Killerspiel. Es erziehe junge Menschen zu Gewalttätern, stumpfe gegenüber Gewalt ab und macht aus Shooter-Spielern potentielle Amokläufer. Die BpjM stellte daraufhin einen Indizierungsantrag und die Diskussionen zogen sich Wochenlang durch alle Talkshows. Immer wieder wurde dort darauf hingewiesen, dass ja alle Gewalttäter solche Spiele spielen würden. Später wurde dies noch einmal aufgegriffen als bekannt wurde, dass die Täter von Emsdetten und Winnenden viel Zeit, u.a. mit Counter-Strike, verbracht hätten. Trotzdem reichte es nicht für eine Indizierung. Erstmal in der Geschichte lud die BpjM zur Entscheidungsfindung auch Vertreter der Spielerseite ein. Ein beliebter, aber nicht allzu ernst zu nehmender Satz war damals oft: 99% der Amokläufer essen Brot. Verbietet Brot! Ihr kennt das Ende. Counter-Strike wurde nicht indiziert. Auch wenn eine gewisse Jugendgefährdung festgestellt wurde, reichte es den Prüfern nicht. Als Begründung wurde unter anderem aufgeführt, dass man seine Ziele im Spiel auch ohne jegliche Gewaltanwendung erfüllen könnte. Ebenso – und das finde ich sehr erfreulich – wurde erwähnt, dass das Spiel zum Austausch und einer Förderung der Gemeinschaft beiträgt. Man kommuniziert und knüpft Kontakte, aus denen nicht selten Freundschaften entstehen.